Systhema - Heft 3 - 2014

VORWORT

Cornelia Hennecke    
S. 245

THEMENSCHWERPUNKT: „HÄTTE ICH DAS MAL FRÜHER GEWUSST...“ –
BEITRÄGE DER IF WEINHEIM TAGUNG IM SEPTEMBER 2014

Michael Grabbe:
Einführung   

S. 246-248       

Hagen Böser:
Conflicting Team – Wie bleiben wir im Kontakt, auch wenn wir unterschiedlicher Meinung sind?

S. 249-255   

Zusammenfassung

Konflikte um die Sache und Konflikte in den Beziehungen beeinflussen die Zusammenarbeit in Teams und das Leiten von Teams. Unklare Strukturen verunsichern das Miteinander. Konsenserwartungen erschweren den Lösungsprozess. Es fehlt an Dissensstrategien, die das Team und seine Leitung handlungsfähig halten. Teams müssen sich nicht lieben, aber sie sollten ihren Job erledigen.   

Michael Grabbe:
(M)(k)eine Lieblingsintervention – Ein skeptischer „Rundumschlag“
 

S. 256-261

Zusammenfassung

Der Wunsch nach prall gefüllten „Handwerks- oder Methodenkoffern“ ist allgemein groß und verständlich, da dadurch das Gefühl der Sicherheit und das Selbstvertrauen bei Therapeuten erhöht werden kann. Auch Klienten schätzen strukturiertes Vorgehen und sichere Therapeuten. Eine Methode, in die man aber zu sehr verliebt ist, birgt auch das Risiko, dass dann Probleme dazu „passend“ gemacht werden müssen. Kreativität und Beweglichkeit können verloren gehen, wenn der Koffer „zu schwer“ wird. Therapie bedeutet auch, sich gemeinsam auf nicht planbare Suchprozesse einzulassen, deren Ende ebenso offen sein kann wie die dazu spontan zu wählenden Methoden.

Summary

To possess a box filled with tools and methodes for therapy may in generell be very useful because it helps to increase the therapist‘s feeling of competence and self-confidence. And clients also appreciate structure and competent therapists. But if you fell too much in love with one method, technic or tool it may happen that problems have to be constucted in a way that they fit the technic. Creativity and mobility can go lost if the box becomes heavy. Therapy means being ready to get involved in a process which is chaotic and not predictable.      

Bettina R. Grote:
„Die Kunst des Herausstellens“ – Nonverbale Methoden der Extrapolation in Therapie, Beratung und Supervision

S. 262-266

Zusammenfassung

Nonverbale Verfahren der Extrapolation zielen daraufhin, innere Prozesse nach außen sichtbar zu machen, ihnen einen Ausdruck oder eine Form zu geben. Dies kann über Methoden der bildenden Kunst, der Musik oder auch mittels des Körpers geschehen. Auf der Ebene der sichtbaren Form können dann Veränderungsprozesse initiiert und deren Auswirkung auf das eigene Erleben überprüft werden.   

Dennis Haase, Barbara Ollefs:
Die „Ankündigung“ als Ritual für einen Neuanfang, wenn Konflikte die Familie dominieren – Pikant abgeschmeckt. Mit Beilagen.

S. 267-271

Zusammenfassung

Aus unserer Dose während der Tagung „Hätte ich das mal früher gewusst …“ zauberten wir eine kraftvolle Methode für die Markierung von Neuanfängen in konflikthaften Situationen. Basierend auf den sozialpolitischen Ideen des gewaltlosen Widerstandes stellten wir im Workshop die „Ankündigung“ vor, die sowohl eine neue Rahmung für die Entwicklung von elterlicher und professioneller Präsenz ermöglicht als auch die Konfliktbeteiligten auf eine Musterunterbrechung vorbereitet. Anhand eines Praxisbeispiels erarbeiteten wir im Workshop, in welcher Weise die Ankündigung für das Kind/den Jugendlichen als auch seine Eltern bzw. Erzieher wirken kann. Zu den wichtigen Inhaltsstoffen unserer Methodendose gehörten auch das Arbeiten mit Skalierungen und der kreative Einsatz von Metaphern und Bildern. Frei von künstlichen Aromastoffen.      

Cornelia Hennecke:
Professionelle Präsenz – Mitgefühl in der Begegnung kultivieren

S. 272-278

Zusammenfassung

Professionelle Präsenz lässt sich als bewusstes Gewahrsein, Reflexion und Gestaltung von Präsenz in bewusst eingenommenen beruflichen Rollen beschreiben. An der eigenen professionellen Präsenz zu arbeiten ist von Bedeutung i.S. bestmöglicher Voraussetzungen für professionelles Handeln im Zusammenwirken mit Klienten/Kunden/Mitarbeitern und für die Aufrechterhaltung mentaler Gesundheit des professionell Tätigen selbst, insbesondere in psychosozialen Arbeitsfeldern. Der Beitrag stellt einige Ideen aus unterschiedlichen Forschungsfeldern im Zusammenspiel mit konkreten Übungen bzw. möglichen Orientierungshilfen vor, welche in meine systemische Praxis Einzug gefunden haben.

Andreas Klink:
Kooperation und Ambivalenz in Pflichtkontexten in der ambulanten Jugendhilfe

S. 279-287

Zusammenfassung

Der Artikel beschreibt Haltungen und methodische Ansatzpunkte für Beratungskontexte in der ambulanten Jugendhilfe, die nicht immer durch ein hohes Maß an freiwilliger Kooperation gekennzeichnet sind – sogenannte Zwangs- oder Pflichtkontexte. Eingegangen wird u. a. auf die besondere Auftragskonstellation in Dreieckskontrakten zwischen professionellen HelferInnen, Familien und Institutionen wie das Jugendamt sowie auf Ambivalenzen zwischen Bewahren und Verändern.      

Hans Lieb:
Die Quadratur des Kreises: Störungsspezifische Systemtherapie im Gesundheitswesen als Methode

S. 288-304

Zusammenfassung

Im Beitrag wird ein Methodenkoffer zur Bewältigung einer paradoxen Aufgabenstellung vorgestellt. Die Aufgabe: Formulierung einer Systemtherapie von „psychischen Krankheiten“ im Kontext Gesundheitswesen ohne Verlust der systemischen Identität. Der Weg zur Lösung dieser Aufgabe hat vier Stationen: 1. Formulierung des Problems; 2. Unterscheidung von drei Ebenen (Systemtheorie, Gesundheitswesen und Therapieraum); 3. Identifikation grundlegender Paradoxien bei der Koppelung dieser Ebenen; 4. Inhalte des Methodenkoffers einer Systemtherapie im Gesundheitswesen. Einige dieser Methoden werden näher vorgestellt – z.B. Externalisierung und Varianten des „Sowohl (Systemisch“) als auch (Unterscheidung krank/gesund)“.  

Haja Molter, Karin Nöcker:
Prozesse offen gestalten – ein Spaziergang

S. 305-313

Zusammenfassung

Mit dem Raummodell bieten wir eine einfache, aber nicht zu einfache Orientierung für die systemische Praxis an. Unsere Leitidee ist, Klienten zur Selbstorganisation anzuregen, indem sie ihre Ressourcen und Selbstheilungskräfte nutzen. Mit einer guten Landkarte kann man sich selbst in schwierigem Gelände zurechtfinden. Im Wirklichkeits-, Möglichkeits- und Zielraum kann man sowohl mental als auch physisch spazieren gehen. Die Landkarte Raummodell kann helfen, die Aufmerksamkeit so zu fokussieren, dass ein sich selbst organisierender Suchprozess einsetzt: es entstehen hilfreiche innere Bilder und das mentale oder physische Spazierengehen durch die Räume erleichtert das Finden des eigenen Weges.

Summary

The space model shows a simple but not too simple way for orientation in systemic thinking and acting. It is our guiding principle to encourage clients to use selforganisation and their own healing power. With a good map you can find your feet in a difficult territory. In the space of reality, of possibility and of goals one can mentally and physically promenade. The map of space can help to focus on attention in a way that emerges a self organizing process of looking for a way where to go: a helpful inner imagery will come out. To stroll mentally and physically makes the finding of one’s own way easier.  

Angelika Pannen-Burchartz:
Gute Anfänge in Beratung und Therapie – Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne …

S. 314-316

Zusammenfassung

Gute Anfänge in der Therapie und Beratung – Langsamkeit im Gegensatz zu effektiv und schnell: in diesem Feld treffen BeraterInnen und TherapeutInnen Entscheidungen darüber, wie der Anfang gestaltet wird. Seelische Prozesse sind Bewegungen mit eigenen Rhythmen und eigenem Takt. Zu Beginn, beim Auftakt von Therapie und Beratung kann das Erforschen von Tempo und Zeitlupe einen Reichtum zur Bildung von Hypothesen für TherapeutInnen und BeraterInnen in sich bergen, der in der Schnelligkeit der täglichen Anforderungen nicht immer im Blick ist.     

Martina Pestinger:
Hypnosystemische Arbeit am Thema (... ohne das Thema zu kennen)

S. 317-320

Zusammenfassung

Hypnosystemisches Arbeiten kann als Rekonstruktion von subjektiver Wirklichkeit unter den Bedingungen einer optimalen Atmosphäre von Kooperation beschrieben werden. Die hier vorgestellten hypnosystemischen Methoden zeigen kreative Wege im Umgang mit z. B. noch nicht aussprechbaren Themen oder tabuisierten Themen. Dabei werden ausgewählte hypnosystemische Grundlagen, wie das Arbeiten mit Pacing und Leading und die Nutzung von Trancezuständen kurz beschrieben. Des Weiteren wird auf die Funktion der Externalisierung von Problemen durch die metaphorische Beschreibung in Geschichten eingegangen.

Arist v. Schlippe:
Die Konstruktion von Feindbildern – eine paradoxe „Anleitung“

S. 321-336

Zusammenfassung

Konflikte können Eigenlogiken entwickeln, die sich der Steuerung der Akteure entziehen. Ein Aspekt dieser eskalierenden Dynamik besteht in zunehmend dämonisierenden Beschreibungen des anderen (bzw. der anderen), der nur noch als „dumm“, als „krank“ oder als „böse“ vorstellbar wird. Fünf Rahmenbedingungen für solche dämonischen Narrative werden besprochen: 1) Verletztes Gerechtigkeitsempfinden, 2) Fundamentale bzw. feindselige Wahrnehmungsfehler, 3) Der Konflikt als „Parasit“, 4) Zerrüttung der Beziehung und 5) Gefährliche Gedanken, also Prämissen, die einen „eskalativen Mindset“ begünstigen. Diesen werden die Prämissen einer „tragischen Weltsicht“ gegenübergestellt, die nicht nach großen und endgültigen Lösungen sucht, sondern Fehlerhaftigkeit und Unvollkommenheit als Teil des menschlichen Lebens akzeptiert – und damit dem anderen genau dies auch zubilligt. Folgerungen für de-eskalatives Handeln werden aufgezeigt.

Summary

Constructing Enemies – “Instructions” on how to go about it
Conflicts can develop logics of their own that escape the control of the actors involved. One aspect of this escalatory dynamic consists in increasingly demonic descriptions of the adversary/-ies that culminate in perceiving them exclusively as “stupid”, „sick”, „vicious”, etc. The article discusses five parameters for demonic narratives of this kind: 1.) violation of one’s sense of justice, 2.) fundamental and/or hostile attributional biases, 3.) the conflict as “parasite”, 4.) total breakdown of relationship, 5.) dangerous thoughts (premises) favouring an “escalatory mindset”. These are compared and contrasted with the premises underlying a “tragic view of the world”. Instead of searching for final and comprehensive solutions, this view accepts fallibility and imperfection as a part of human life and thus condones these failings in others. The author concludes by indicating consequences for de-escalatory action.

Claudia Terrahe-Hecking:
Vom möglichen Umgang mit dem Ungewissen

S. 337-340

Zusammenfassung

Die Nicht-Instruierbarkeit von Menschen, die Bedeutung von Wahrnehmung autopoietischer Prozesse und das Vertrauen auf das Zusammenwirken verschiedener Kräfte in einem Prozess, welches zu Dynamiken führt, deren Wirkung nicht berechenbar ist, kann in meinem Artikel und den beschriebenen methodischen Beispielen nachvollzogen werden. Der Begriff der Emergenz wird erläutert und in Beziehung gesetzt zur Haltung des Beraters/Therapeuten, der einen Rahmen setzt, was als funktional für die relevanten Umwelten des zu beratenden Systems angesehen wird.   

Stephan Theiling:
Menüfolge aus Stephans „Drei-Sterne-Lieblingsmethoden-Fundus“

S. 341-346

Zusammenfassung

Mit welcher Idee und Haltung greife ich auf Methoden zurück, so dass das Vorgehen insgesamt systemisches Arbeiten ergibt? Die im Artikel vorgestellte Menüfolge aus meinem „Drei-Sterne-Lieblingsmethoden-Fundus“ sind in der Praxis vielfach angewandte und bewährte Prozessbeisteuerungshilfen. Die Methoden sind für unterschiedliche Arbeitssettings geeignet. Und: Bitte jeden Gang eingebettet und arrangiert in eine systemische Haltung verwenden – erst diese systemische Folie gibt den Speisen den wirklichen Gusto.
Apero – Amuse-Gueule – Vorspeise – Sorbet – Hauptgang – Zwischengang – Dessert und Digestif – soweit die Menüfolge, um Interesse am Weiterlesen zu wecken. 

Tom Pinkall:
Hätte ich das mal früher gewusst ... – The way in is the way out. Ein Tagungs- und Workshopbericht

S. 347-350

DISKUSSION

Jürgen Hargens:
Systemisch – symptomspezifisch, beobachterInnenabhängig, kompatibel mit dem medizinischen Gesundheitssystem?

S. 351-354

REZENSIONEN   

S. 355-365

NACHRICHTEN

S. 366-369

WEINHEIMER KONTAKTE    

S. 370-372

TERMINE / VERANSTALTUNGEN    

S. 374-378

REGISTER JAHRGANG 2014, BAND 28    

S. 379-382


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Systhema - Heft 2 - 2014

VORWORT

Cornelia Hennecke    
S. 136

ORIGINALBEITRÄGE

Hans Lieb:
Störungsspezifische Systemtherapie – Systemtherapie im Kontext Gesundheitswesen

S. 137-166

Zusammenfassung
Vor dem Hintergrund der Anerkennung der Systemtherapie als Heilverfahren und der eingeleiteten Prüfung, ob sie als Psychotherapie-Richtlinienverfahren anerkannt wird, wird zunächst zwischen allgemeiner Systemtherapie, einer Systemtherapie im Gesundheitswesen und einer störungsspezifisch vorgehenden Systemtherapie unterschieden. Dazu werden vier Ebenen beleuchtet: 1. Merkmale von Systemtheorie und Systemtherapie. 2. Das Gesundheitswesen mit seinen Logiken, Rollen und Leitunterscheidungen unter besonderer Berücksichtigung des Begriffes „psychische Krankheit“. 3. Der Therapieraum: Systemische Therapie im Kontext Gesundheitswesen mit systemtheoretischer Erfassung der Konzepte Störung, Krankheit, Symptom inklusive eines Exkurses zur Rolle der Gefühle, des Körpers und des kommunikativen Systems in der Systemtherapie. 4. Die Koppelung zwischen Ebene II (Gesundheitswesen) und III (Systemtherapie) als Begegnung der Leitunterscheidungen „gesund – krank“ und „System – Umwelt“. Im Kern geht es hier um Erkennen und Bewältigung damit korrelierender Paradoxien.
Am Ende wird ein Blick in die Zukunft der systemischen Welt nach Etablierung der Systemtherapie im Gesundheitswesen geworfen mit dem Vorschlag einer Charta als Leitschnur zur Wahrung ihrer Identität auf diesem Gebiet.

Arist v. Schlippe:
„Das kommt in den besten Familien vor!“: Konflikte und Konfliktmanagement in Familienunternehmen

S. 167-176

Zusammenfassung
Ein Familienunternehmen stellt für eine betroffene Familie eine besondere Form von Kontext dar. In diesem müssen Konflikte zwar nicht automatisch entstehen, doch sie sind wahrscheinlicher, einfach weil es wesentlich mehr Anlässe und Anknüpfungspunkte für Konflikte gibt als in anderen Familien. Auch wenn es vielen Familien gelingt, Auseinandersetzungen um die anstehenden Aufgaben gut und konstruktiv zu führen, so kann es doch schnell dazu kommen, dass ein solcher konstruktiver Streit in einen Beziehungskonflikt „umkippt“. Wenn das geschieht, sind diese Konflikte besonders heftig und können in „Familienkriege“ münden. Der Text gibt einen ersten Einblick in die Dynamik des Konfliktgeschehens in Unternehmensfamilien.

Summary
A family business opens up a specific context for the business family. Although conflicts do not necessarily come up in these families, they have to face a lot more sources and occasions to enmesh in conflicting dynamics than other families do. It must be said that many business families manage their differences well and constructively. But it may happen that „out of a sudden“ the disput turns into a relationship conflict. Usually then the conflict becomes quickly intensive and potentially destructive. It even may turn into a „family war“. The text offers an introduction into the dynamics of the evolution of conflict within this context.

Barbara Ollefs:
Wenn Kinderkrankheiten Eltern hilflos werden lassen –
Familienmedizinische Erfahrungen in einer Kinder- und Jugendklinik

S. 177-192

Zusammenfassung
Der Artikel beschreibt anhand von drei Fallvignetten exemplarisch familiäre Entwicklungen, denen wir in der Pädiatrie häufiger begegnen. Aus der Perspektive einer Psychologin und Familientherapeutin, die im Rahmen ihrer Arbeit im Psychosozialen Fachbereich am Christlichen Kinderhospital in Osnabrück tätig ist, werden das familienmedizinische Vorgehen, die Einbeziehung der Eltern und die interdisziplinäre Zusammenarbeit skizziert. Daneben werden Veränderungen in der Morbidität bei Kindern und Jugendlichen vorgestellt, die bei den betroffenen Eltern häufig mit Hilflosigkeit und dem Verlust von elterlicher Präsenz mit entsprechenden Eskalationsdynamiken einhergehen. Um die Eltern in ihrer Präsenz, d. h. ihrer Anwesenheit im Leben ihrer Kinder, wieder zu stärken, werden Interventionen aus dem Elterncoaching in gewaltlosem Widerstand vorgestellt, die Veränderungen in der elterlichen Haltung anregen möchten und die Eltern darin unterstützen sollen, Sicherheit zu entwickeln und eine konstruktive Beziehung zu ihren Kindern aufzubauen.

ERFAHRUNGSBERICHTE

Robert Anatol Stein:
„Drei statt Dry“ – Systemische Selbsthilfe für Alkoholiker

S. 193-200

Zusammenfassung
Der vorliegende Artikel beinhaltet den Selbsterfahrungsbericht eines 41-jährigen Mannes, der nach 25-jähriger Alkoholabhängigkeit im Selbstversuch eine selbsterdachte Therapiemethode erprobt. Diese Methode stützt sich im Gegensatz zu bisherigen Verfahren weder auf die absolute Abstinenz noch auf eine Trinkmengenbegrenzung, sondern sie legt lediglich ein festes Limit von 3% für den Alkoholgehalt konsumierter Getränke fest. Da diese Methode für den Autor des Berichts bei Weitem erfolgreicher funktioniert hat als andere Verfahren (Reduktion der Trinkmenge auf ein Sechstel der Ausgangsmenge), versucht er u.a. systemische Erklärungsansätze dafür zu finden. Er stellt die Hypothese auf, dass Abstinenz die Rolle des Alkohols im System des Betroffenen eher stärkt als schwächt. Ferner nimmt er an, dass Trinkmengenkontrolle nur dann sinnvoll erlernt oder wiedererlernt werden kann, wenn zum einen keine „künstlich“ auferlegte Mengenbeschränkung besteht und zum anderen der Alkoholkonsum durch Getränke mit max. 3% vol. alc. vor einem Punkt gehalten wird, den der Autor den „Rauscheintrittspunkt“ nennt und bis zu dem unverfälschte Wahrnehmung und somit Selbstkontrolle noch möglich ist.

Summary
This article consists of the firsthand report of a 41-year-old man who tested his own method of therapy on himself to overcome an alcohol addiction from which he had suffered for 25 years. Unlike prior procedures, this method is based on neither absolute abstinence nor on a limitation of the amount of alcohol consumed; instead it simply sets a 3% limit for the percentage of alcohol in all drinks consumed. As this method was much more effective than other methods for the author of this report (reducing the amount of alcohol consumed to one sixth of the initial amount), he attempts to find systemic explanations for it. He hypothesises that abstinence amplifies the role of alcohol in the system of the patient rather than reducing it. In addition he assumes that one's ability to control the amount of alcohol consumed can only be effectively learned or re-learned when on one hand there is no artificially imposed limit of alcohol consumed and secondly alcohol consumption is limited to drinks with an alcohol volume of 3% (maximum), which the author refers to as the “intoxication entry point,” up to which point unimpaired perception and self-control are still possible.

Asiye Balikçi-Schmidt:
Das Thema Fremdheit in der Systemischen Beratung –
Ein Plädoyer für „Interkulturelle Beratungskompetenz“

S. 201-207

Zusammenfassung
Die Begegnung mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen ist bereits Realität in der Systemischen Beratung. Dennoch gibt es immer wieder interkulturelle Missverständnisse und Irritationen bei KlientInnen mit anderen kulturellen Prägungen. Der Beitrag betont die Wichtigkeit von interkultureller Beratungskompetenz und fasst diese anhand von Praxisbeispielen und eigenen Erfahrungen mit SystemikerInnen zusammen. Dabei wird auch beleuchtet, welche Bedeutung die Frage der Anpassung und Nichtanpassung von KlientInnen an gesellschaftliche Normen hat, und wie diese sich auf die Beratung auswirken können.

Summary
The meeting of people with different cultures is already a part of our reality in systemic counseling services. But there are lot of intercultural misunderstandings and irritations between the clients from different cultures and the counsellors. The article is pointing out the importance of intercultural competence in counseling with examples of practice and own experiences of the author. Another aspect is how the question of assimilation or not assimilation of the clients in the main culture affects the counseling setting.  

WÜRDIGUNG

Arist v. Schlippe:
„Entschuldigen Sie bitte, wissen Sie zufällig, wo man hier sein Paradigma wechseln kann?“

Jochen Schweitzer zum 60.
S. 208-210

IMPULSE

Michael Grabbe:
Mehr Neues aus der SchriftAufstellerszene – Gebündelte Schwarz-Weisheiten

S. 211-212

INTERVIEW

Hans Schindler:
Systemische Therapie und Alkoholabhängigkeit – Interview mit Rudolf Klein

S. 213-218

REZENSIONEN    

S. 219-228

TAGUNGSBERICHTE

WIF – Weinheim International Friends I: „Trouble in school“, 17./18. März 2014

Workshop-Bericht
S. 229

WIF – Weinheim International Friends II: „Arbeit mit den Ideen des Gewaltlosen Widerstandes in Paartherapie und Elternberatung“, 27./28. Mai 2014

Workshop-Bericht
S.230

Die Weinheimer Koordinatorengruppe hat getagt…

S. 231-233

WEINHEIMER KONTAKTE     

S. 234-235

TERMINE / VERANSTALTUNGEN     

S. 236-238

 

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Systhema - Heft 1 - 2014

VORWORT

Hans Schindler    
S. 4-5

IMPULSE

Michael Grabbe:
… zur besonderen Animation    
S. 6-7

ORIGINALBEITRÄGE

Heidrun Schulze:
Handeln, Erzählen, Verstehen. Bedingungen schaffen für das Sprechen und anerkennende Hören von Kindern, die Gewalt erlebt haben
   

S. 8-33

Zusammenfassung

Im Artikel wird ein Bezugsrahmen zwischen Vygotskijs (1934/2002) Lernkonzept durch Sprache und Entwicklung und dem Verfahren Narrative Therapy vorgestellt. Michael White (2010) stützt sich in seinen „Scaffolding Conversations“ – ins Deutsche übersetzt als „Ein Gerüst aufbauen“ (White, 2010), „Gerüstbauende Konversation“ (Loth, 2007) – auf Vygotskijs „Zone der nächsten Entwicklung“ (Vygotskij, 1934/2002). Im Rahmen mehrjähriger Lehrforschungsprojekte wurden zahlreiche narrative episodische Interviews in Frauenhäusern mit von Gewalt betroffenen Kindern durchgeführt. Basierend auf diesen transkribierten Aussagen von Kindern wird ein mögliches Fragegerüst für einen narrativ und entwicklungsorientierten Dialog im Paradigma „Narrative Therapy“ (White, Epston, 1990/2009) exemplarisch aufgezeigt. Dieses Vorgehen überschreitet den rekonstruktiven Forschungskontext qualitativer Sozialforschung insofern, als es sich an den Zitaten der Kinder orientiert, dann aber Fragen zu weiteren Versprachlichungen wie einer alternativen Identitätsarbeit und dem Aufspüren von „Agency“ entwickelt. Grundlage dieses Artikels bilden somit zwar die Forschungsbefunde aus der narrativen Biografieforschung, sie werden jedoch verknüpft mit Whites Denkanstößen zum „Abwesenden, jedoch Impliziten“ („absent but implicit“; White, 2000b) und zum wertschätzenden und förderlichen „Fragegerüst“ sowie mit Whites Anlehnung an Vygtoskijs Denktradition zur wechselseitigen Befruchtung und kritischem Hinterfragen von Forschung und Praxis.

Summary

In this article a reference frame is presented between Vygotskijs (1934/20029) learning concept through language and development and the treatment narrative therapy. In his “Scaffolding Conversations” Michael White builds on Vygotskijs “Zone der nächsten Entwiklung – Phase of the next development?? “ Within the framework of multiannual projects of teaching research many narrative episodical interviews were made in shelters for women with children who had been victims of violence. Based on these transcripted children’s statements there is exemplarily shown a possible question structure for a narrative and development orientated dialogue. This procedure exceeds the reconstructive context of research in qualitative social research, because at first it is orientated at the quotations of the children, but then it creates/develops questions for a further verbalization like an alternative identity negotiation and tracing of an “Agency”. This article is therefore based on the research results from narrative biography research, but these are linkes with White’s thought provoking impulses concerning the “absent but implicit” (White 2000 b) and with the appreciative and encouraging “question structure”, together with White’s dependance on/following of Vygotskij’s thought tradition of reciprocal impregnation and critical scrutinizing of research and practical experience.

Hans Preß, Markus Gmelch:
Der Klient als Experte! Eine therapeutische Haltung, die Selbstmanagement ernst nimmt

S. 34-50

Zusammenfassung

Die „therapeutische Haltung“ wird von vielen PsychotherapeutInnen als ein wesentlicher Aspekt hilfreichen psychosozialen Handelns verstanden. Dennoch fristet das Konzept in manchen theoretischen Orientierungen und der Psychotherapieforschung eher ein Schattendasein. Dabei bietet sich mit der „therapeutischen Haltung“ möglicherweise ein begriffliches Werkzeug, das Zusammenhänge zwischen theoretischen Hintergründen und praktischem Handeln über Schulengrenzen hinweg verständlich machen könnte. Im folgenden Text wird zunächst ein Arbeitsbegriff der therapeutischen Haltung vorgeschlagen und in den Kontext philosophischer und wissenschaftlicher Basisannahmen eingebettet. Um den Bogen von der eher abstrakten Begriffsklärung zur Therapiepraxis zu schlagen, wird anschließend eine konkrete, hier als „klientenorientiert“ bezeichnete therapeutische Haltung beschrieben, die in konstruktiv-kritischer Auseinandersetzung mit dem verhaltenstherapeutischen Selbstmanagement-Ansatz und der lösungsfokussierten Kurzzeittherapie entwickelt wurde. Dieses Vorhaben wird anhand der Vorstellung des entsprechenden Therapieverständnisses und selbiges differenzierender Prinzipien umgesetzt. Abschießend werden recht konkrete Handlungsregeln vorgeschlagen, welche sich als „Realisierung“ oder „Verkörperung“ dieser Haltung verstehen lassen.

Summary

The “therapeutic stance” is considered to be an essential aspect of effective psychosocial ac-tion by many psychotherapists. However, both in some theoretical approaches to psychother-apy as well as in psychotherapy research the concept plays no prominent role, even though it may offer a conceptual tool for clarifying the connections between theoretical background and therapeutic practice. To this end, a working concept of “therapeutic stance” is suggested and embedded into the context of philosophical and empirical assumptions.  Subsequently, a spe-cific “client-oriented” stance will be described by proposing the corresponding therapy con-cept and its differentiating principles. Finally some rather specific rules for action are pro-posed, which can be understood as “realisation” or “embodiment” of the client-oriented stance.

Andreas Manteufel:
Nerven bewahren in der Akutpsychiatrie

S. 51-59

Vorbemerkung

In meinem Buch „Nerven bewahren“ habe ich meinen alltäglichen Begleiter am Arbeitsplatz, mein Sudelheft, sprechen lassen. Seit Dienstantritt im allgemeinpsychiatrischen ­Krankenhaus im Jahre 1992 notiere ich mir besondere Situationen, Äußerungen, Dialoge oder Sprachspiele, die mir im Arbeitsalltag begegnen. Mein Augenmerk liegt darauf, wie im Kontext einer psychiatrischen Behandlung von Patienten und von uns Mitarbeitern kommuniziert wird. Was ich mir notiere, sind häufig, aber nicht immer, „Bonmots“, die mich zum Schmunzeln veranlassen.

Preliminary note

In my book „Nerven bewahren“ I let speak my diary, my everday companion at my working place. Since starting work at a general hospital in 1992 I use to note special situations, observations, dialogues or language-games I come across in my everyday work. I note especially how we collegues communicate in context with psychiatric treatments of patients. Often but not always my notes are witticisms which make me chuckle/smile.

ERFAHRUNGSBERICHTE

Jens Müller:
Der Wandel des Selbstwertes. Ein Ansatz in der Bearbeitung des Selbstwertes – Aus der Praxis für die Praxis

S. 60-67

Zusammenfassung

Die Erarbeitung eines Selbstwertsystems mit PatientInnen zielt auf die Bewusstmachung vorhandener oder noch nicht vorhandener Selbstwertmechanismen. Mit deren Aktivierung und Benutzung entsteht die Möglichkeit, selbstbestimmt und aktiv den eigenen Selbstwert zu regulieren und zu beeinflussen. Nach einer Begriffsklärung werden zur Selbstwertentwicklung sowie zum Überblick über die Selbstwertmechanismen Modelle vorgestellt. Rein deskriptiver Artikel: Aus der Praxis für die Praxis.

Summary

The development of a system of self-worth with patients aims to increase awareness of existing and not yet existing mechanisms of self-worth. Activation and use of these mechanisms of self-worth provides the means to actively and independently influence and regulate self-worth. Following a definition of terms, models are introduced to illustrate the development of self-worth as well as to provide an overview over relevant mechanisms of self-worth. A purely descriptive article – from practice for practice.
        

Achim Geisel:
Systemische Beratung und Arbeitsvermittlung – Erfahrungen aus dem Seminar „Grundlagen systemisch-lösungsorientierter Gesprächsführung“ für Arbeitsvermittlerinnen im Jobcenter

S. 68-80

Zusammenfassung

Die Anwendung systemischer Ideen und Methoden im Kontext der Arbeitsvermittlung in Jobcentern ist eine Herausforderung. In dem Artikel wird die mehrfache Durchführung und (Weiter-)Entwicklung eines systemischen Seminars für Mitarbeiter beschrieben und reflektiert, sodass Grenzen und Möglichkeiten einer Adaption ersichtlich werden. Nebenbei reflektiere ich auch meine eigene Entwicklung als Systemiker.

Summary

The use of systemic ideas and methods in context with the sevice at job centers are a challenge. This article gives a description of and reflects on the performance and (further) development of a systemic seminar for employees them, so that the possibilities and limits of an adaption become evident. At the same time I reflect my own progress as a systemic therapeut.

Sylvia Chebila:
Vorbereitungsseminare für künftige Pflegeeltern – Ausgewählte Anregungen aus der systemischen Methodenvielfalt

S. 81-94

Zusammenfassung

Wie können künftige Pflegeeltern auf ihre Aufgabe vorbereitet werden? Welche Qualifikationen benötigen angehende Pflegeeltern? Diese Frage rückte in den letzten Jahren in der Fachwelt der Pflegekinderhilfe in den Vordergrund. Bereits in der Einleitung seines neuen Handbuchs zur Pflegekinderhilfe stellt das Deutsche Institut für Jugendhilfe (DIJ) 2011 fest: „Die Bedürfnisse der Pflegekinder sind komplexer und vielfältiger geworden, Anforderungen an die Pflegeeltern sind in hohem Maßen gestiegen und die Pflege der Kontakte zu der Herkunftsfamilie der Pflegekinder hat ebenfalls eine hohe Priorität bekommen.“
Basierend auf systemisch familientherapeutischen Denkansätzen habe ich zu verschiedenen Themenfeldern, die für künftige Pflegeeltern relevant sind, Übungseinheiten für die Gestaltung von Vorbereitungsseminaren für diese Zielgruppe entwickelt. Es werden ausgewählte Übungen zu zwei Themen vorgestellt:

  • Wie können Pflegeeltern die zweite Bindung aufbauen und vertiefen?
  • Wie können Pflegeeltern die Bedeutung der Herkunftsfamilie in die Förderung der Identitätsbildung des Pflegekindes integrieren?

In Übungseinheiten wird die besondere „Kraft aus der Skulpturarbeit“ genutzt, Visualisierungselemente und narrative Elemente aus dem Alltag von Pflegekindern kommen dazu. Mit den meisten vorgestellten Methoden wird bezweckt, dass die künftigen Pflegeeltern die Perspektive von Pflegekindern und ihren Eltern nachempfinden. Weiter sollen die künftigen Pflegeeltern durch das „Sich-Hineinversetzen“ in verschiedene Rollen (Herkunftseltern, Pflegeeltern, Kinder) Anregungen für ihre Entscheidung, ein Pflegekind aufzunehmen, erhalten.

Haja (Johann Jakob) Molter, Mohammed El Hachimi:
Beratung eines Familienunternehmens

S. 95-100

BERUFSPOLITISCHES   

Hans Schindler:
In der wunderschönen Zeit „Dazwischen“ (5)

S. 101-106

NACHRUF

Erinnerungen an Reinhard Tausch

S. 107-113

REZENSIONEN

S. 114-121

TAGUNGSBERICHT

Zum IFW-Fachtag „Chancen, Risiken und Nebenwirkungen neuer Medien“
Hamm, 11. Oktober 2013

S. 122-123

WEINHEIMER KONTAKTE

S. 124-126

TERMINE / VERANSTALTUNGEN

S. 127-130

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